Sapa und der Trek
Weltreise Tage 112-114 (20.02-22.02)
Morgens um 6:30 Uhr stehen wir am Büro von Sapa Express. Sie werden uns um 7 Uhr mit einem extrem komfortablen Bus mit viel Beinfreiheit exakt im Zeitplan nach Sapa fahren. Angegeben sind 5 Stunden und 30 Minuten und um 12:30 Uhr rollen wir im Ort ein. Soviel Professionalität und Genauigkeit sind wir gar nicht mehr gewohnt und freuen uns tierisch. Unser Hotel, das Ladybird ist schnell gefunden und auch phänomenal. Sauber, trocken, groß und mit einem tollen Ausblick auf den Mt. Phansipan. Wir fühlen uns auf Anhieb sehr, sehr wohl in Hotel und Stadt. Aber ich greife vorweg.
Wie buche ich einen Trek
Wir sind nämlich mit einem Plan nach Sapa gefahren hatten ihn aber noch nicht bis zum Ende exekutiert. So wollen wir hier einen zwei Tages Trek durch die Berge und Reisfelder machen, haben aber noch keinen Guide gebucht. Wir hatten verschiedene Möglichkeiten in Betracht gezogen die uns irgendwie alle nicht so gepasst haben. Die einfachste Möglichkeit ist es, in Hanoi in ein Reisebüro zu gehen und eine Tour über irgendeinen Operator zu buchen. Allerdings ist die einfachste Möglichkeit meistens auch die schlechteste – Stichwort Massentourismus und Trekking Guides die kaum was von deinem Geld abbekommen. Wenn man gerne mit einer Tour Operator reisen will, aber nicht einfach bei irgendeinem buchen möchte, dann findet man mit ein bisschen recherchieren auch Anbieter die nicht nur auf Geld aus sind sondern eng mit den Stämmen zusammen arbeiten. Man hat hier den Vorteil, dass sein Geld höchstwahrscheinlich zu großen Teilen an die Gemeinschaft weitergegeben wird, man reist aber trotzdem noch in größeren Gruppen und übernachtet in zweckmäßigen homesays. Das wollten wir nicht.
Noch eine Möglichkeit ist, Guides direkt im Netz zu suchen, zum Beispiel durch Rezessionen auf Trip advisor. Über Blogs sind wir so auch auf Pham gestoßen. Sie haben wir dann auch angeschrieben, ihre Bewertungen waren nämlich super. Sie selbst hätte keine Zeit, aber eine Freundin könnte mit uns trekken. 12 km am ersten Tag, dann am zweiten Tag noch ein bisschen durchs Dorf schlendern, bevor es mit dem Auto vor dem Mittagessen zurück nach Sapa geht. Das ganze sollte 80 $ pro Person kosten. Fast das Doppelte aller anderen Anbieter. Sehr flexibel schien sie auch auf Nachfrage nicht zu sein und unter Trekken hatten wir uns mehr als 12 km vorgestellt. Auch den Namen der Freundin erfuhren wir nicht. Kurzum, Pham war uns nicht sympathisch. Irgendwie hatten wir den Eindruck, das Geld sei ihr zu Kopf gestiegen.
Unsere Lösung
Wir entschieden uns dann, wenn man es so will, für die radikalste Variante und fuhren ohne Buchung nach Sapa. Hatten wir doch gelesen, dass die einheimischen Klansfrauen direkt bei der Ankunft der Busse ihre Dienste anboten. Man muss sich nur ein bisschen Zeit nehmen, mit den Mädels quatschen, seine Fragen stellen und sich dann einen Guide aussuchen den man sympathisch findet. Das schien uns die beste und schönste Lösung. Würde das Geld doch direkt an die Familien vor Ort gehen und nicht noch durch mehrere Hände fließen.
Gong und La stehen in der Nähe von der Bustür als wir aussteigen. Sie bedrängen uns nicht, und warten ab, bis wir unsere Rucksäcke haben und ihnen ein offenes Ohr leihen können. Dann fragen sie uns ob wir einen Trekking Guide buchen wollen. Hanno und ich schauen uns an und sind uns einig, die beiden könnten die Richtigen sein. Wir sagen also ja und gehen ein Stück aus dem Gewusel raus. Es ist erstaunlich einfach sich zu unterhalten, da ihr englisch ziemlich gut ist. (alles selbst bei gebracht, wie wir später erfahren). Wir erklären ihnen dass wir auf keinen Fall auf der Haupt Touristraße wandern wollen sondern „off the path“, am liebsten weit weg von anderen Menschen durch die Berge und Reisterrassen trekken wollen. Sie verstehen und versichern uns, dass sie viele Wege kennen und dass das klar gehen wird. Wie gesagt, die beiden sind uns sympathisch und wir verhandeln einen Preis von 55 $ pro Person. Mahlzeiten und Unterkunft sind inklusive. Besiegelt wird das ganze mit einem „Pinky swear“ (man hakt die kleinen Finger ineinander) und wir bekommen beide noch ein Armband um das Handgelenk – wie eine Art Brandmarkierung. Morgen sind wir um 9:30 Uhr an der Kirche verabredet.
Fast wie in den Schweizer Alpen
Jetzt geht es aber erst mal in unser Hotel. Wir sind extrem überrascht als wir in ein riesiges, sauberes Zimmer, mit bequemen Betten und einer Hammer Aussicht treten. Jackpot! Seit langem mal wieder. Wurde aber auch Zeit. Dazu kommt noch dass die Luft hier so herrlich trocken und kühl ist. Wir kommen uns vor als wären wir im Urlaub in den Bergen – Halt! Moment! Das sind wir ja! Von unserem Zimmer schauen wir auf den höchsten Berg Vietnams, den Mount Fansipan mit seinen 3143 Metern Höhe. Wir selber sind in Sapa bei ca. 1600 Metern. Es ist wirklich herrlich und nach so vielen Monaten schwüler Wärme eine echte Wohltat. Der Nachmittag vergeht wie im Flug und plötzlich ist es Abend und wir packen unsere Trekking Rucksäcke mit allem was man für eine Bergwanderung im Februar halt so braucht. Von kurzer Hose und Sonnencreme bis Mütze und Daunenjacke landet alles im Rucksack, wir sollten es auch alles noch benötigen.
Wir trekken nach Lao Cai
Es ist der nächste Morgen und wir haben strahlenden Sonnenschein – für Februar ein eher seltener Anblick. Meistens ist es matschig, neblig und regnerisch. Um 9:15 Uhr machen wir uns auf zum Treffpunkt. Ob wir die Mädels denn wohl wieder erkennen? Ging gestern ja doch irgendwie alles so schnell… Wir hätten uns keine Sorgen machen brauchen. Wir müssen gar nicht suchen, da quatschen uns die beiden schon an. Wir erfahren dass La heute den Trek nach Lao Cai mit uns gehen wird. Übernachten werden wir bei Gong und sie wird uns morgen dann auch wieder nach Sapa führen. Klingt gut denken wir und schon geht’s los. Erst mal raus aus der Stadt. Auf dem Weg kommt uns eine andere Gruppe entgegen. Kurzer Wortwechsel der Guides und nun drehen auch wir um. Auf dem Pfad den sie gehen wollte, sagt La, sind zu viele Touristen. Wir gehen wo anders lang. Cool! Spätestens jetzt sind wir uns sicher, das wird ein guter Trek.
Gefühlt immer nur bergauf
La hat übrigens traditionelle Klamotten an. Was das ganze etwas kurios macht, ist der Regenschirm, den sie beim kleinsten Anzeichen von Sonne aufspannt. Echt ein lustiges Bild. Um den Massen zu entkommen, die alle die Hauptstraße entlang wandern, müssen wir dann recht weit in die Berge rauf. Bei einer unserer Pausen merkt Hanno dann leider, dass seine geschundene Sonnenbrille jetzt ganz von uns gegangen ist. Nachdem er sich auf sie drauf gesetzt hat uns sie in der Höhle ausgesetzt hat, wollte sie wohl nicht mehr bei ihm bleiben und hat sich irgendwo am Hang davon gemacht. Die nächsten Tage und Wochen wird er wohl erst mal ohne auskommen müssen, denn wieder runter laufen will keiner von uns.
Es geht weiter bergauf, dann noch etwas höher aber irgendwann sind wir dann angekommen. Wie immer können wir auch runtergucken. Und was für ein Ausblick. Die Sicht ist heute ziemlich klar und wir sehen Lao Cai im Tal und die gegenüberliegenden Hänge die mit Reiterrassen übersät sind. Ich freue mich schon tierisch auf den Teil des Treks der uns direkt dort hindurch führt! Auch wenn momentan kein Reis wächst und dieses so bekannte kräftige, schon fast neonfarbene Grün auf den Hängen fehlt, können wir uns den Reisterassen kaum sattsehen. Wie wir da so auf der Kuppel stehen, kommt aus der anderen Richtung ein alter Mann auf die Anhöhe. Er ist kaum außer Atem und sieht fit aus wie ein Turnschuh. Wir fragen ihn über La wie alt er sei – 79 antwortet er. Alter Schwede, kommen wir uns gerade lahm vor, wie wir schwitzend und schwer atmend hier oben stehen. Na ja, wenn man das hier jeden Tag läuft, dann wird man zwangsläufig fit.
Wir machen noch eine Weile Pause und La erzählt uns ein wenig von ihrem Stamm und ihrem Leben. Die schwarzen Hmong sprechen eine eigene Sprache und vietnamesisch ist eine Fremdsprache, welche die meisten von ihnen nur schlecht beherrschen. La sagt ihr Englisch sei besser als ihr vietnamesisch – Verrückt. Sie bezeichnet sich auch nicht als Vietnamesin. Sie ist eine schwarze Hmong. In der Schule war sie übrigens nie. Sie kann weder lesen noch schreiben und hat sich ihr Englisch einfach nur durch Hören und Wiederholen selber beigebracht. Das ist wirklich eine Leistung, finde ich. Mir ist unvorstellbar wie sie das hinbekommen hat. Man kann sich nämlich wirklich gut mit ihr unterhalten. La ist übrigens 28 und seit 12 Jahren verheiratet. Sie hat drei Kinder im Alter von 10, 7 und 4. Sie scheint zufrieden mit ihrem Leben zu sein. Lacht viel und scherzt mit uns. Auf unsere Frage, ob sie gerne in der Stadt wohnen würde, antwortet sie: „Niemals!“
Gefühlt immer nur bergab
Mittagessen gibt es in einem der zahlreichen Dörfer am Hang des Tals. Wie es heißt weiß ich nicht mehr, hier halten aber fast alle Touris. Es ist lecker und reichlich, etwas dass sich über die nächsten Tage so durchziehen wird. Dann sind es noch mal so zwei Stunden Trekking bis nach Lao Cai. Ein kurzes Stück müssen wir die Hauptstraße entlang, dann aber geht es wieder querfeldein über Stock und Stein. Diesmal gefühlt immer nur bergab. Als sich dann die Häuser verdichten und wir langsam in Lao Cai ankommen ist es 15 Uhr. Wir sind noch nicht ganz im Dorfkern, da biegt La links in ein Grundstück ein. Eine Steinhütte mit Wellblechdach liegt vor uns, im kleinen Hof steht ein Moped neben einem großen Berg Feuerholz aus Bambus. Hühner, Schweine und ein Hund tummeln sich. Da kommt auch schon Gong auf uns zu. Wir sind in unserem Homestay angekommen.
In allen Blogs die wir bis jetzt gelesen hatten, stand dass so eine Homestay Aktion mit einem direkt gebuchten Guide wirklich authentisch ist. Sie hatten Recht. Das Haus besitzt außer Mauern und einem Dach nicht viel. Es gibt keine Fenster und der Boden ist aus festgetretenem Lehm. Das einzige Licht fällt durch die Eingangs- und die Küchentür ins Haus. Die Möbel bestehen aus einigen Holztischchen und Bänken – und einem Flachbildfernseher mit DVD Spieler. Unsere Sachen können wir in unserem Zimmer auf eine Holzbank stellen, das mit einem Vorhang vom Rest des Hauses getrennt ist. Es gibt zwei Einzel- und ein Doppelbett. Alle sind mit einem Mückennetz und einer recht harten Matratze ausgestattet. Die Decken sind schwer und warm. Die werden wir bestimmt noch brauchen.
Seid pünktlich zum Essen wieder da
Wir möchten uns gerne ein bisschen im Dorf umsehen und brechen noch einmal auf. Allerdings nicht ohne die mahnenden Worte um 16:30/17 Uhr wieder zu Hause zu sein. Dann würde sie mit dem Abendessen anfangen.
Das Dorf ist nichts besonderes aber wir finden ein nettes Café am Hang das Bier verkauft und von wo aus man runtergucken kann. Bekanntlich ja eine unserer Lieblingsbeschäftigungen. Mit zwei kalten Bia Ha Noi stoßen wir auf einen wunderbaren ersten Trekking Tag an und vergessen fast die Zeit. So müssen wir uns beeilen um einigermaßen pünktlich wieder bei Gong zu sein.
Wir dürfen beim kochen helfen
Im Homestay sitzt Gong schon in der Küche und schnibbelt. Die Küche ist übrigens auch Badezimmer und Waschküche. Den größten Bereich nimmt die Wasserstelle in Anspruch. Sie besteht aus einem riesen Betonklotz in den (vermutlich) der Wasserbehälter eingebaut ist. Eine kleine, ca 10 cm hohe Mauer läuft im Abstand von 1 Meter um den Klotz. Dies ist das Waschbecken. Der Wasserhahn ist in 40 cm Höhe an der Betonwand installiert. In der Hauswand befindet sich ein Loch, das als Ablauf dient. Hier wird das Gemüse geputzt, hier wäscht sich aber auch die Familie, wie wir noch feststellen sollten.
Gongs Mann kommt ein paar Minuten später nach Hause, begrüßt uns und verschwindet. Kurz darauf erscheint er wieder, diesmal nur in Unterbuchs, steigt in die Rinne und fängt an sich gründlich, neben dem Gemüse in den Schüsseln, zu waschen. Ihre beiden Jungs putzen sich wenig später hier auch die Zähne und spucken den Zahnpastaschaum um die Wette ins Becken. Es ist alles recht einfach, aber es scheint gut zu funktionieren.
Jetzt aber zurück zum Kochen. Wir dürfen nämlich helfen. Nachdem Gong alles Gemüse geschnibbelt hat, werden Karotten, Kohl, Pilze, Eier und Instant-Nudeln in einer Schüssel vermischt. Hanno und ich verfrachten die Masse dann auf Reisblätter und wickeln sie zu Rollen, sie werden dann in Fett ausgebacken und was dabei rauskommt sind köstliche Frühlingsrollen. Das Ganze wird natürlich nicht auf einem Gas- oder Elektroherd zubereitet, sondern auf der im Boden eingelassen Holzfeuerstelle. Einen Gasherd gibt es zwar, aber Gong mag das Essen lieber wenn es über Holzfeuer zubereitet ist. Zu den Frühlingsrollen gibt es dann noch grünes Gemüse das ähnlich wie Wasserspinat aussieht, natürlich Reis und zu unserer großen Freude auch Kartoffeln. Während wir kochen wuseln vier oder fünf Kinder um uns herum, spielen fangen und schauen Filmchen auf dem Handy. Ab und zu scheucht Gong den Hund, die Schweine oder auch die Hühner aus der Küche, die sich in der Hoffnung auf Reste, herein geschlichen haben. Es ist also ein ganz normaler Familienabend –auf asiatisch.
Besuch
Als wir uns gerade an den Tisch setzten, klopft es an der Tür. Gongs Freundin kommt mit ihrem Sohn zu Besuch. Sie bekommt auch noch ein Gedeck und es geht los. Das Essen ist einfach aber lecker und nach einem Tag trekken schmeckt es um so besser. Gong und ihre Freundin erzählen viel über das Leben auf dem Land und in ihrem Stamm. Wie läuft das mit der Justiz? Wie ist die Krankenversorgung? Wie die Schulbildung? Sie erzählt uns auch ein bisschen über ihre persönliche Situation. Wir erfahren, ohne dass wir gefragt haben, dass sie ihren Mann gar nicht heiraten wollte, sondern dass es eher eine Zweckehe war. Irgendwie ging es um Land und Familie und wie immer um Geld. Echt krass wie sehr sie sich öffnet. Vielleicht fällt es ihr einfacher auf Englisch zu sprechen, dann ist es alles weiter weg und uns sieht sie ja sowieso nicht wieder.
Schnaps
Nach dem Essen wird für die Kinder der Fernseher angemacht und für uns holt Gong den selbst gemachten Reisschnaps aus der Ecke. Schnell wird die alte Plastik Wasserflasche noch mal aus dem Kanister aufgefüllt und dann heißt es „Mot Hai Ba“ und Prost. Gar nicht mal so schlecht, allerdings wollen wir wirklich nicht so genau wissen was drin ist. Als wir nach dem zweiten Schnaps kapitulieren wollen, gucken beide Mädels etwas traurig. „Das war doch nur der leichte Schnaps, ihr müsst unbedingt noch den starken probieren.“ Oh je… wie kommen wir aus der Nummer nur wieder raus. Zum Glück geben sie sich auch mit einem halben Probierschluck zufrieden. Um dem Gruppenzwang zu entkommen, ziehen wir uns dann auch ziemlich schnell zurück. Zum Zähneputzen und Gesicht waschen stellen wir uns auch in das Becken auf dem Boden und kriechen dann ins Bett.
Der nächste Morgen
Um 6:30 Uhr werde ich trotz Oropax durch das laute Gerede der Familie wach. Wie sich später herausstellt mussten heute alle außer Gong früh in die Berge um Feuerholz einzusammeln. Ich habe übrigens erstaunlich gut geschlafen, mit meinen Thermosocken und der dicken Decke war mir nicht kalt und es war auch ziemlich ruhig hier oben im Dorf. Hanno fand die Nacht allerdings nicht so erholsam, lag wohl an der harten styropor-artigen Matratze. Wir werden so langsam wach und trauen uns irgendwann auch aus unserer Koje. Katzenwäsche und Plumpsklo sind schnell erledigt und auch die Auswahl der Klamotten ist nicht so groß. Da geht auch das Anziehen recht zügig. Dann sitzen wir auch schon wieder bei Gong in der Küche und schauen ihr beim kochen zu. Natürlich macht sie wieder alles über der Feuerstelle im Boden. Heute morgen gibt es Reis, Omelette und zwei Arten von grünen Blattgemüse. Dass wir Europäer zum Frühstück gerne süße Sachen essen, findet sie lustig. Bei ihnen wird bei den Mahlzeiten eigentlich kein Unterschied gemacht. Es gibt immer Reiß mit Gemüse und mal auch Fleisch. Cornflakes, Croissants und Pfannkuchen sind eine Erfindung der westlichen Welt.
Das neue Homestay
Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen zusammen und Gong räumt schnell auf, dann geht es auch schon los. Gong hat heute, genau wie La gestern auch traditionelle Kleidung an und natürlich auch einen Regenschirm dabei. Der scheint auf jeden Fall nicht fehlen zu dürfen, beim traditionellen Outfit für Wanderungen in Sapa. Zum Abschied schenkt sie Hanno noch ein selbstgemachten Beutel und mir ein Paar Ohrringe. Das kam unerwartet und wir sind echt gerührt. Dann laufen wir den Berg hinunter und einmal quer durch das Dorf, das sich über die ganze Breite des Tals erstreckt. Gong scheint jeden hier zu kennen und alle gehören irgendwie zur Familie. Mal ist es ihr Bruder, den wir treffen, mal aber auch der Cousin ihres Mannes.
Sie zeigt uns auch ihr neues Haus, in dem sie dann auch ein größeres Homestay mit Duschen und mehreren Zimmern einrichten wollen. Für die Familie natürlich eine bessere Einnahmequelle, wir sind aber unglaublich froh, jetzt hier gewesen zu sein. So konnten wir das authentische Leben der Bergvölker noch kennenlernen. So ein hotelartiges Homestay mag zwar mehr Annehmlichkeiten haben, aber man ist dann doch abgeschottet von der Familie und eher mit anderen Reisenden in Kontakt. Da ist uns unsere Variante deutlich lieber gewesen. Wir hatten das Gefühl wirklich privat bei einer Familie zu wohnen und für diese eine Nacht ein Teil davon sein zu dürfen. Wir können leicht auf ein bisschen Komfort wie Duschen und weiche Betten verzichten, wenn wir dafür so nette Menschen kennen lernen dürfen wie Gong und La. Es ist ja nur für eine Nacht. Danach kann man ja wieder heiß duschen.
Auf der anderen Seite vom Tal
Zurück zum Trek… Wir laufen also einmal quer durchs Dorf um auf der anderen Seite vom Tal den Hang zu erklimmen. Es geht steil nach oben, und damit meine ich wirklich steil. Die Straße ist geteert und in recht gutem Zustand. Für die Dorfbewohner ein ganz normaler Weg. Unglaublich! Die Natur links und rechts des Weges entschädigt aber für die Steile. Wir laufen durch dichte Bambuswälder. Hier und da lichtet sich der Wald ein wenig und wir haben eine tolle Aussicht auf das Tal. Ab und zu finden sich auch mal Wohnhäuser und natürlich gibt es Hühner und Schweine zu Hauf. Während mich die Hühner, bzw. eigentlich die Hähne in Asien schwer nerven (keiner von denen kann die Uhr lesen, oder zumindest dunkel und hell unterscheiden), haben es mir die Schweine ganz schön angetan. Ich finde die dicken Säue genau so toll wie die kleinen niedlichen Ferkel.
Die Terrassen
Nach ca. 45 Minuten kommen wir auf der Bergkuppe an. Ab hier ist der Weg erst mal ein gutes Stück gerade, ohne viel auf und ab. Dann macht er eine Kurve und plötzlich stehen wir in mitten der Reisterrassen. Auf diesen Ausblick freue ich mich schon seitdem wir beschlossen haben nach Vietnam zu reisen. Da ist es auch völlig egal, dass die Terrassen nicht so grün sind wie auf den Bildern im Internet. Ich weiß gar nicht genau wie ich den Blick beschreiben soll. Ich glaube was mich so fasziniert ist die Mischung aus Natur und etwas, das von Menschenhand geschaffen wurde. Die stufigen Felder sehen irgendwie auch surreal aus. Wie viel Arbeit es gekostet haben muss, die Reisfelder in solche Formen zu pressen. Ich kann mich gar nicht satt sehen und schieße ein Foto nach dem Nächsten.
Nebel
Es geht weiter über Stock und Stein. Gong nimmt unsere Bitte, wenigen anderen Touristen zu begegnen, ernst und so laufen wir nur selten auf der Straße. Meistens schlägt sie irgendwo einen Feldweg oder einen kleinen Pfad ein, den wir noch nicht mal als solchen erkannt hätten. Wir klettern viel an steilen Hängen hoch und balancieren an der ein oder anderen Reisterrasse entlang. Langsam schlägt das Wetter um. Es wird diesig und fängt ganz leicht an zu nieseln, in Hamburg würde man sagen „feuchte Luft“. Während unserer Mittagspause wird aus der diesigen Luft handfester Nebel. Irgendwie freuen wir uns. So haben wir Sapa nicht nur bei Sonnenschein und klarer Sicht gesehen, sondern dürfen es auch im Nebel erleben. Irgendwie schön, so alle Wetterlagen mal mit zunehmen. Nur den strömenden Regen übergehen wir zum Glück.
Weg von den Touristen
Der Nachtmittag wird noch mal richtig spannend. Was langsam über die Hauptwanderstraße beginnt, wird schnell zu einem richtigen Abenteuer. Mal wieder nimmt Gong unseren Wunsch ernst und diesmal biegt sie in einen schmalen Pfad ab, der sich rechts an einem Hang entlang schlängelt. Rechts ist die Steinwand nach oben, links die Steinwand nach unten in den Fluss, zum Glück gibt es lauter Gestrüpp das die Sicht verstellt, sonst könnte man fast Höhenangst bekommen. In der Ferne können wir sogar einen Wasserfall hören. Irgendwann überqueren wir dann auch einen kleinen Bach über eine Bambusbrücke. Brücke ist allerdings ein großes Wort dafür. Es sind nämlich gerade mal 5 Bambusstämme über die wir balancieren. Hanno macht mal noch eben die Brücke kaputt in dem er einen der Stämme verschiebt, aber auch das ist schnell behoben. Sie sind ja weder festgenagelt noch irgendwie anders fixiert.
Abkürzung
Irgendwann bleibt Gong dann wieder stehen und fragt uns: „Wollt ihr gerade aus weiter laufen, das ist recht einfach, dann müssen wir aber auch 10 Minuten an der Hauptstraße gehen. Oder wie gehen hier links die Abkürzung, dann kommen wir direkt in Sapa raus und haben keine lästige Straße.“ Klar wollen wir die Abkürzung gehen. Was Gong uns aber verschwiegen hat, ist dass die Abkürzung steil nach oben geht. 60° sind es mindestens. Außerdem ist die Abkürzung auch ziemlich lang. Wir kraxeln und klettern also den steilen Hang hoch. Meine Beine werden langsam wirklich müde und trotz der kühlen 18 Grad und Nebel bin ich ziemlich verschwitzt. Auch Hanno, der sonst nie schwitzt, läuft der Schweiß die Stirn entlang. Da kommt uns plötzlich eine alte Frau, um die 70 entgegen. Auf ihrem Rücken trägt sie Holzstämme von mindestens 15 Kilo. Mann oh Mann fühlen wir uns mal wieder unfit. Unglaublich was diese Bergbewohner alles stemmen können.
Ankunft im Sapa
Als wir in Sapa ankommen, fühlen wir uns als wären wir eine Woche weggewesen. Müde, abgekämpft, verschwitzt, dreckig und vor allem glücklich treffen wir uns mit La am Platz vor der Kirche. Wir bezahlen den beiden Mädels die abgemachten 110 $ und schlagen noch Trinkgeld drauf. Es war wirklich ein toller Trek und eine Übernachtung bei einer tollen Familie. Da wir keine Geschenke mitgebracht haben oder die Handarbeiten kaufen wollen, zeigen wir uns eben so erkenntlich. Da bekommen wir auch von La noch etwas geschenkt. Für mich hat sie ein Armband und für Hanno eine Art Musikinstrument. Der Abschied ist herzlich und wir tauschen Facebook Kontakte und Telefonnummern aus, damit wir sie weiter empfehlen können.
Gong ist auf Facebook unter „Gong Lis“ erreichbar und La hat folgende Telefonnummer: +84 395465895.
Gratis duschen
Fröhlich laufen wir zu unserer Unterkunft zurück um unsere Rucksäcke abzuholen. Uns ist langsam wirklich kalt und wir würden viel für eine heiße Dusche geben. Allerdings ist die Kommunikation nicht ganz einfach. Der Google translator übersetzt wohl komisches Zeugs und erst als Hanno ihnen ein Bild von einer Dusche hinhält und sie fragend anschaut, werden wir verstanden. Nach einigem Hin und Her dürfen wir tatsächlich im Mitarbeiter Zimmer auf dem Dach duschen. Wir annektieren auch noch eben den Nebenraum des Hotel Restaurants zu unserem neuen Aufenthaltsraum, packen Rucksäcke um und finden dann ein ruhiges Plätzchen in dem wir in Ruhe ein bisschen Planen und Schreiben können. Wir müssen nämlich bis heute Abend um 19 Uhr die Zeit totschlagen. Dann geht es mit dem Nachtbus in die Halong Bucht. Vorher möchten wir aber noch mal was Kleines essen.
Da es draußen und auch vorne im eigentlichen Restaurant einfach zu kalt ist, fragen wir kurzer Hand ob wir hier hinten essen dürfen. Alles kein Problem.
Das Essen kommt mit asiatischer Gelassenheit kurz vor knapp, aber wir schaffen es trotzdem mit nur 5 Minuten Verspätung los zum Busbahnhof zu laufen. Die Nachtfahrt sollte noch ziemlich anstrengend werden dazu aber nächstes Mal mehr.
Unsere Unterkünfte
1 Nacht im Ladybird Hotel für 25 € pro DZ/Nacht
1 Nacht im Homestay als Teil des Treks