Ein Wochenende in Buenos Aires
Weltreise Tage 190-191 (11.05-12.05)
„Buenos Aires ist wie seine argentinischen Bewohner, einzeln sind sie wunderschön, aber zusammen ein bisschen chaotisch.“ Sagt Martín unser Stadtführer und führt uns weiter zu den wichtigsten Punkten der Stadt. Wir lernen etwas über Argentiniens politische Geschichte, erfahren dass es eine Stadt gibt, die von oben aussieht wie das Gesicht von Eva Peron und finden heraus, warum das rosane Haus rosa ist.
Zeit wieder voll am Leben teilzunehmen
Es ist Samstag Morgen, unsagbar früh, irgendwann kurz vor 5. Nach etwas hin und her drehen schaffen wir es aber beide noch mal einzuschlafen. Zum Glück hatten wir uns einen Wecker um 8 gestellt, sonst hätte auch dieser Tag erst wieder gegen 15 Uhr begonnen. Aber wir haben heute noch etwas vor!
Den Morgen lassen wir entspannt angehen, begeben uns dann aber zur Mittagszeit aus dem Haus. Wir wollen eine Stadtführung mitmachen. Unser Spaziergang durch Buenos Aires gestern hat uns Spaß gemacht, aber irgendwie fehlt uns noch der Zusammenhang und das Hintergrundwissen, welches eine Ansammlung von Häusern und Straßen zu einer Stadt mit Geschichte macht. Die Free Walking Tours versprechen Abhilfe. Treffpunkt ist um 15 Uhr am Tor zum Kongress.
Inoffizieller Begin 15:10 Uhr
Da wir noch nach etwas Essbarem gesucht haben, damit wir die 3 Stunden Tour auch überstehen, kommen wir genau um 14:58 Uhr beim Treffpunkt an. „Gerade noch geschafft!“ denken wir, da sagt uns Martín, dass sie immer erst so 10 nach anfangen um das Zuspätkommen der Argentinier zu berücksichtigen. Wieder was gelernt. Fürs nächste Mal wissen wir Bescheid. Dann geht es los. Martín führt uns Gringos auf Englisch durch die Stadt, während Maru die Tour auf Spanisch übernimmt.
Martín ist gebürtiger Porteño, wie die Einwohner von Buenos Aires genannt werden, er ist mit ganzem Herz bei der Sache und die macht er sehr gut! Die Stadtführung ist ziemlich informativ, aber was uns am besten gefällt ist, dass sie auch persönlich ist. Er scheut sich nicht uns seine Meinung mitzuteilen, sei es zur politischen oder wirtschaftlichen Situation Argentiniens. Wir finden das gut. Aber auch die harten, geschichtlichen Fakten hat er drauf und schafft es sie spannend rüber zubringen. Ist es wirklich wichtig, jedes geschichtliches Ereignis mit Monat und Tag zu benennen? Uns reicht es völlig mal das Jahresdatum gehört zu haben und genau das macht Martín.
Die Geschichte um Palacio Barolo ist besonders spannend. Da geht es um Freimaurer, eine Art Heldenverehrung von Dante’s „Göttlicher Komödie“, um Selbstmord und um eine zweimal geklaute Statue die eventuell Dante’s Eingeweide beinhaltet. Sie komplett zu erzählen würde jetzt zu lange dauern, aber glaubt mir wenn ich sage, sie ist spannend!
Auch über Eva Peron lernen wir einiges. Zum Beispiel muss ich gestehen, war mir nicht bewusst, dass sie mit Anfang 30 an Krebs gestorben ist. Auf dem Balkon des rosa Hauses gibt sie 1951 ihre letzte Rede. Evita war für die Arbeiterklasse so etwas wie eine Heldin. Zusammen mit ihrem Mann haben sie einiges reformiert, so auch bezahlbare Wohnungen für die Arbeiter Familien geschaffen. Dafür hat man gleich eine ganze Stadt gebaut – Ciudad Evita heißt sie auch noch heute und sah zumindest früher von oben aus wie ihre Silhouette. Ob das heute noch so ist, weiß ich nicht genau.
Im Laufe der Tour merken wir auch, dass Martín die jetzige Regierung ziemlich doof findet. Aber eigentlich fand er die davor und die da vor auch schon ziemlich doof. Über den Diktator in den 70igern brauchen wir gar nicht reden. Wenn man sich die Inflation anschaut, die das Land gerade mal wieder durchmacht, übrigens die 2. oder 3. seit den 80igern, kann man auch verstehen warum Martín nicht begeistert ist.
Ach ja, warum das rosa Haus rosa ist, wollte ich noch erzählen. Früher hatte man zu Kolonialzeiten nur weißen Kalkstein um die Häuser anzumalen. Muss ganz schön öde ausgesehen haben… Dann hat man aber erkannt, dass man Blut auch ganz gut in die Farbmasse mischen kann. Da Weiß und Rot Rosa ergeben, hatte man nun die Wahl zwischen Rosa oder weißen Häusern…
Einschlafkonzert
Die Tour ist extrem kurzweilig und wir sind überrascht als Martín uns irgendwann sagt, hier sei das Ende. Sind wirklich schon 3,5 Stunden vorbei? Tatsächlich. Es ist 18:30 Uhr. Wo ist die Zeit nur hin? Nichts wie ab nach Hause. Heute passiert nicht mehr viel, außer Abendessen in Form von Tomaten, Avocado, Zwiebel Salat – oder wie die Argentinier sagen würden Tomate, Palta, Cebolla. Zu den Klängen des Fahrstuhls, der Waschmaschinen und des Maschinenraums in unserem Haus schlafen wir ein. Und schlafen zum ersten Mal durch!
Sonntag ist Markttag
Sonntags ist hier wirklich fast in jedem Stadtteil Markt. Ob Gemüse-, Fleisch- oder Flohmarkt, hier wird jeder fündig. Wir haben uns zwei „Ferias“ (Märkte) rausgesucht und machen heute Markttag. Unser erster Stopp ist der angeblich größte Markt von Argentinien, die Feria de San Telmo. Von unserer ‘Hood in Palermo fährt ein Bus direkt dort hin und wir fühlen uns heute etwas abenteuerlustig also probieren wir das Ganze mal aus. Das spannende am Bus fahren in Buenos Aires ist nämlich, dass die Haltestellen oft nicht als solche erkennbar sind, da die Haltenummern in Bäumen oder an Hauswänden angebracht wurden. Manchmal wird auch eine Haltestelle verlegt, ohne, dass irgendjemand weiß wohin. Unser Bus hat aber eine richtige Haltestelle auf einer Hauptstraße, deswegen wagen wir das Unterfangen auch.
Sie ist schnell gefunden, und gerade als mir einfällt dass wir vielleicht nicht genügend Geld auf unserer Sube Karte haben kommt auch schon der Bus. Na gut, also einsteigen und auf das Beste hoffen. Wir hatten vorher schon gelesen, dass man dem Busfahrer sagen muss wo man hin möchte und der bucht dann den korrekten Betrag von der Karte ab. Das mit dem Ziel bekomme ich noch hin, dann aber das große ‘Fail’. Natürlich haben wir nicht genügend Geld auf unserer Sube. In der Bahn ist es kein Problem ein Minuskonto anzuhäufen, im Bus geht das allerdings nicht. Wir wollen gerade gezwungenermaßen wieder aussteigen, als ein sehr netter Mitfahrer uns die Fahrt bezahlt. Super nett! Er möchte das Geld nicht zurück haben und dann stellt sich auch noch heraus, dass sein Großvater Deutscher war und wir unterhalten uns ein bisschen auf Deutsch.
Wir machen auf der Busfahrt übrigens noch eine weitere nette Bekanntschaft. Während wir da so sitzen und fachsimpeln wo wir am besten aussteigen um zum Markt zu kommen, spricht uns eine Argentinierin von hinten auf Englisch an. Ob wir auf die Feria San Telmo wollen. „Si“ „Dann steigt am besten bei der 5. Station aus, ich sage euch Bescheid.“ Dann könnt ihr von Süden nach Norden laufen.“ Sie hat uns sogar noch einen Tipp zum Mittagessen gegeben. Voll nett, diese Porteños!
Die Feria zieht sich entlang der Straße Defensa von Süden nach Norden (oder umgekehrt…kommt halt drauf an wo man anfängt.) Am südlichen Ende auf einem Platz mitten in San Telmo ist der Markt ein Flohmarkt wie man ihn in Deutschland kaum noch findet. Hier wird wirklich nur altes Zeug verkauft, keine Neuware. Die kommt dann wenn man den Platz verlässt. Dort gibt es dann alles – Schmuck, T-Shirts, Taschen, Schuhe, Souvenirs… und gestrickte Kakteen in Töpfen.
Uns zieht es, nach dem wir über den Flohmarkt gelaufen sind, erst mal in die Markthalle. Ihr ahnt es schon, wir haben Hunger. Gleich ganz vorne rechts gibt es einen Empanada Stand. Eigentlich sind wir uns sicher, dass das unser Mittagessen wird, aber man will ja nichts verpassen. Wir drehen eine kleine Runde durch die Halle und landen dann, wie prophezeit, beim Empanada Stand. Lecker sag ich euch! Gestärkt machen wir uns auf den Weg ans andere Ende vom Markt.
Ich hatte zwar schlauerweise schon die Route zum zweiten Markt rausgesucht, allerdings beginnt sie am südlichen Ende von Defensa. (Wir hatten unsere Routenpläne auf Grund der Tipps von der Frau im Bus etwas über den Haufen geschmissen). Aber egal, nach ein bisschen hin und her finden wir unseren Bus und machen uns auf den langen Weg zur Feria de Mataderos. Die liegt nämlich etwas außerhalb in einem Wohnviertel südwestlich vom Stadtkern.
Feria de Mataderos
Beim Übersetzten hatte ich aus der Feria ein Fleischfest gemacht, allerdings stellt sich schnell heraus, dass es das Fest im Fleischerviertel ist! Ein kleiner aber wichtiger Unterschied. Aus unserem Fleischfest, mit Dutzenden von Fleischständen wird ein Nachbarschaftsfest, was fast noch besser ist. Natürlich darf auf einem argentinischen Fest das Asado (BBQ) nicht fehlen und so gibt es für uns eine Wurst und ein Stück Rumpsteak im Brötchen, dazu süßer Rotwein (etwas anderes zu trinken gab es nicht). Alles super lecker! In der Mitte vom Straßenfest ist eine riesige Bühne aufgebaut und eine Band macht Musik. Davor tanzen die Leute einen lustigen Volkstanz. Aber auch Tango wird an jeder Ecke getanzt. Sei es ein junges Tanzpaar, dass den Hut für Spenden aufgestellt hat, oder ältere Herrschaften die unter einem Laubengang um einen CD Spieler ein paar Takte tanzen. Hier haben sich wirklich keine Gringos hin verirrt und wir schlendern gemütlich an den Ständen vorbei uns lassen uns gerne auf Spanisch anquatschen.
Da wir nicht wissen wie sicher das Viertel abends ist, schauen wir, dass wir vor Sonnenuntergang wieder im Bus nach Hause sitzen. Vorher gibt es aber noch Locro (Eintopf aus Mais und Fleisch) und Tamales (Fleisch eingerollt in Maismehlteig) zum Abendessen.
Unsere Unterkunft
AirBnB Apartment in Palermo für 34€/Nacht