Sucre – Die weiße Hauptstadt

Sucre – Die weiße Hauptstadt

Weltreise Tage 225-228  (16.06-18.06)

Wir sitzen irgendwo in einer Hinterhofbar in Sucre. Im Fernsehen läuft der Copa Americana – Bolivien gegen Peru. Unser Guide hat uns gerade den bolivianischen Schnapps Chicha eingeschenkt, da schießt Bolivien ein Tor! Die Freude ist riesig. Die Leute springen auf, klatschen und jubeln. (Leider wird es das einzige Tor in diesem Match für Bolivien bleiben. Peru gewinnt 3-1).

Auf in die Hauptstadt

Zusammen mit Jan und Eileen fahren wir morgens nach dem Frühstück zum Busbahnhof. Es geht ab nach Sucre. La Paz mag zwar der Verwaltungssitz sein, aber Sucre ist die Hauptstadt von Bolivien. So ist es auch in der Verfassung festgehalten. Die Busfahrt ist mal wieder ziemlich ereignislos, bis ca. 45 Minuten vor Ankunft ein Mann zusteigt. Er hat eine große Tasche dabei und ein Mikrofon samt Lautsprecher um den Hals. Jetzt könnte es spannend werden.

Heizdeckenfahrt

Der Mann positioniert sich direkt neben meinem Sitzplatz und fängt an sehr laut und sehr schnell auf Spanisch zu sprechen. Ich schnappe ein paar Worte auf, höre was von Verdauungsproblemen, Übelkeit, Kopfschmerzen und generellem Unwohlsein. Ist das hier eine Gesundheitsaufklärung? Dann ändert er seinen Tonfall vom netten Onkel Doktor zum fahrenden Händler. Angeblich hat er ein Wundermittel gegen sämtliche Krankheiten dabei und preist dieses kräftig und ausdauernd an. Die ganze Show dauert bis kurz vor Sucre und der halbe Bus scheint überzeugt von den Heilkräften zu sein. Es wir ordentlich eingekauft.

In Sucre wird diesmal nicht gestreikt und wir können problemlos bis zum Busbahnhof  durchfahren. Alle Touristen steigen zwar eine Station früher aus und wir werden mehrmals gefragt ob wir wirklich zum Busbahnhof wollen, aber wir sind uns sicher, wir sind richtig. Wir haben nämlich ein AirBnB gebucht das nicht direkt im touristischen Zentrum liegt. Vom Busbahnhof sind wir mit dem Taxi schnell da und zahlen gerade mal 10 Bobs (ca. 1,20 €).

Zuhause

Die AirBnB Wohnung hat zwei Schlafzimmer, zwei Bäder, eine gut ausgestattete Küche und ein großes Wohn-/Esszimmer. Sie ist sauber und relativ schön eingerichtet. Hier können wir uns die nächsten drei Nächte wohlfühlen. Die Wohnung teilen wir uns übrigens mit zwei verrückten Finnen. (Das sie ein bisschen verrückt sind, finden wir allerdings erst Abends gegen 10 Uhr raus, als die beiden beschließen, dass jetzt der perfekte Zeitpunkt wäre finnische Volksmusik auf voller Lautstärke im Wohnzimmer zu spielen und dazu zu tanzen.)

Das Condor Café

Inzwischen ist es fast 14 Uhr und wir haben mal wieder Hunger. Zum Kochen haben wir gerade beide keine Geduld, das machen wir heute Abend. Also ab in ein Café das trotz Siesta offen hat. Im Condor Café werden wir fündig und nach eine gefühlten Unendlichkeit haben wir auch unsere Veggie Burger vor uns stehen. Der Grund, weshalb Hanno übrigens einen Veggie Burger isst, ist ziemlich simpel. Kurz vor dem Hungertod hatte er keine Kapazitäten mehr zu entscheiden und hat zu allem was ich vorgeschlagen habe ja gesagt. Der Burger ist aber wirklich ganz lecker und vor allem können wir danach wieder richtig denken!

Jan hatte uns auf der Busfahrt von einer Tour ins Umland von Sucre erzählt, der wir uns auch gerne anschließen möchten. Man läuft den Inka trail entlang und sieht Dinosaurierspuren! Wie kann man so etwas nicht machen wollen! Dinosaurier! Organisiert wird das Ganze von Condor Trekking und wie es der Zufall will, sitzen die mit ihrem Büro direkt hier im Café. Der Preis ist mit 40 € zwar ganz schön happig, aber ein Teil der Erlöse geht an den guten Zweck. Die Tour ist schnell gebucht und ab geht es nach Hause.

Einen kleinen Abstecher machen wir allerdings noch. Wir brauchen ja noch Zutaten zum Abendessen. Es soll Kartoffeln und Gemüse mit Kräuterquark geben. Den Luxus einer eigenen Küche wollen wir natürlich auskosten. Der Markt von Sucre hat dummerweise geschlossen, also geht es ab in den Supermarkt. Hier staunen wir nicht schlecht. Obst und Gemüse sind individuell in Plastik eingepackt! Da fragt man sich doch wirklich was es bringt wenn wir in Deutschland mit unseren Juttebeuteln einkaufen gehen um eine Tüte zu sparen und der Rest der Welt am liebsten alles in Plastik einwickeln würde.

Von Inkas und Dinosauriern

Oh dieses frühe Aufstehen! Um 6:50 Uhr sind wir am Treffpunkt und um 7 Uhr sitzen wir im Bus. Circa eine Stunde fahren wir zum Startpunkt des Treks. Da gibt es erst mal ganz entspannt Frühstück. Nachdem alle genug Kaffee, Obst und Kuchen verdrückt haben ruft uns unser Guide Bertha zu sich rüber. Auf perfektem, wenn auch sehr Elan freiem Spanisch erklärt sie uns, dass ihr englisch nicht so gut ist, und die Französin Marie übersetzten wird.

Sie legt los und erzählt ein bisschen was von der Gegend, den Einheimischen, der Kapelle und den Bräuchen für Pachamama (Mutter Erde – darüber aber später noch mehr) – alles natürlich auf Spanisch. Ich verstehe zum Glück fast alles, denn Maries Übersetzung geht so: „Da ist ‘ne Statue und da ne Kapelle wo die Einheimischen beten.“ Zahlen, Fakten und Details hat sie vergessen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ihr Spanisch schlechter als meins ist und ihr Englisch auch nicht viel besser. Na das kann ja heiter werden.

Dann geht es aber zum Start des Inka Pfads und Hanno und ich können unser Glück kaum glauben, dass wir gerade wirklich auf einem Teil des Inka Trails laufen. Wie krass ist das bitte? Genau auf den Steinen sind schon die Inkas entlang gelaufen! Es ist übrigens ein Teil des Weges der von Potosí bis nach Cusco führt. Echt beeindruckend. Bertha hat es für den Moment komplett aufgegeben uns irgendetwas zu erzählen also genießen wir einfach die Aussicht und den Pfad.

Der Inka Trail!
Hanno auf dem Inka Trail!
Wir beide auf dem Inka Trail!

Zwei Stunden später kommen wir am Zwischenziel an, der Bus wartet schon. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, bzw. die Tagesausflügler von den 3-Tages Trekkern. Wir dürfen mit dem Bus weiter, die anderen müssen laufen. Es geht zum Teufelsschlund im Dorf Maragua, einem kleinen Dorf mitten in einem Krater. Der Krater an sich ist allerdings nicht so spannend wie es klingt. Es ist weder ein Vulkankrater noch ist hier ein Meteor eingeschlagen. Die Erdplatten haben sich vor ein paar Millionen Jahren einfach ein bisschen verschoben und diesen Kessel geformt. Auch der Teufelsschlund ist jetzt nicht das Naturhighlight unserer Reise aber doch recht interessant. Besonders, weil Bertha mal wieder den Mund auf macht und uns ein bisschen was über die Kultur der Einheimischen erzählt. (Sie spricht jetzt übrigens auf Englisch, weil sie wohl selber gemerkt hat, dass Marie es nicht so drauf hat.)

Die indigenen Kulturen glauben an drei Welten. In der Unterwelt ist man vor der Geburt. Dann kommt man zum leben auf die Erde und wenn man stirbt geht es ab in den Himmel. Hier am Teufelsschlund, glauben die Einheimischen, dass es eine Verbindung zwischen Unterwelt und Erde gibt, deshalb ist es für sie ein ziemlich wichtiger Ort.

Der Teufelsschlund

Jan, Hanno und ich brauchen ein bisschen länger als die anderen und als wir uns vom fotografieren losreißen, sind alle weg. Inklusive Marie, die eigentlich das Schlusslicht sein soll, damit keiner verloren geht. Hat super geklappt…wir sind jetzt nämlich verloren. Schlau wie wir sind, gehen wir einfach den gleichen Weg zurück, aber unsere Mit-Touristen sind nirgends zu sehen. Nur ein paar Einheimische schauen interessiert aus ihren Häusern. „Sind die anderen Gringos auch hier lang gekommen?“ „Nein“ „Wisst ihr wo die sind?“ „Nein, leider nicht.“ Hmmm…aber Rettung naht. Bertha kommt uns holen und führt uns in Richtung Essen.

Hier in dem Haus gabs ne Pause

Nach der Mittagspause, bei der es überraschenderweise Rotwein gibt, geht es zum zweiten Highlight. Ein Stück fahren wir mit dem Bus und dann trekken wir  noch mal eine Stunde über Stock und Stein zu den Dinosaurierfußstapfen.

Ich hab mich schon den ganzen Tag auf diesen Moment gefreut, aber das er mich so sehr umhaut hätte ich nicht gedacht. Hier stehen wir und direkt vor uns sind Fußstapfen im versteinerten Lehmboden. Fußstapfen von Tieren die vor Abermillionen Jahren hier auf dieser Erde gelebt haben. Wie verrückt ist das bitte? Wir waren anfangs schon ein bisschen skeptisch und Hanno hatte deshalb gestern noch recherchiert, aber die Fußspuren sind tatsächlich archäologisch bestätigt. Unglaublich! Ich find’s toll und am Ende sind Hanno und ich wieder die Letzten bis wir uns endlich davon loseisen können.

Die Dinosaurierspuren!

Die Rückfahrt nach Sucre dauert dann geschlagene drei Stunden, weil wir leider nicht durch den Berg fahren können (von Tunneln halten die hier wohl nicht so viel), sondern außen rum fahren müssen.

Unser Tag in Sucre

Heute wollen wir erst einmal ausschlafen, nach dem uns die Finnen gestern Abend wieder mit ihrer Tanzmusik beehrt haben, ist das bitter nötig. Den morgen lassen wir ruhig angehen, aber gegen Mittag wollen wir Sucre erkunden. Condor Trekking bietet auch eine Walking Tour an, aber nach unserer gestrigen Erfahrung sind wir eher skeptisch. Noch so eine Schlaftablette als Guide muss nicht sein, aber die Stadt alleine zu durchbummeln – da bekommt man ja gar nichts richtig mit… Wir entscheiden uns ziemlich spontan dann doch noch die Führung mitzumachen. Eine sehr kluge Entscheidung, denn Luigi unser Guide ist fantastisch. (Luigi heißt eigentlich gar nicht Luigi, sieht aber aus wie der von Mario).

36 Kulturen

Als erstes nimmt uns Luigi mit in eine Art Kultur Zentrum. In Bolivien gibt es 36 verschiedene Kulturen. Alle haben ihre eigene Sprache, Kleidung und Traditionen. Gemeinsam haben sie den Glauben an Pachamama und die drei Welten. Die drei Welten sind je nach Kultur unterschiedlich stark ausgeprägt. Jeder Stamm identifiziert sich mehr mit einer der drei Welten als mit den anderen beiden. Sichtbar wird es in Kunst, Handwerk und Tradition. Pachamama (Mutter Erde) ist für alle die wichtigste Göttin, sie schenkt, nährt und schützt Leben.

Die Bolivianer sind zwar größtenteils katholisch, haben aber einen wunderbaren Weg gefunden die beiden Glauben miteinander zu verbinden. An Pachamama werden regelmäßig Opfergaben gemacht. Cocablätter, Alkhohol und Zucker mag sie besonders gerne. In Ritualen werden die Gaben dann verbrannt und man bittet Pachamama zum Beispiel um einen guten Job, oder eben auch dass sie auf Gott aufpasst. Manchmal wird eine Gabe aber auch eher beiläufig gemacht. Wenn man zum Beispiel ein Bier trinken geht, wird der erste Schluck auf die Erde gekippt, so dass Pachamama auch etwas davon hat.

Was ich übrigens besonders spannend finde, ist wie unwichtig die Menschen in der indigenen Kultur Boliviens sind. Der Mensch ist eigentlich nur da, um den Tieren und der Erde zu dienen, sie zu pflegen und sicher zu stellen das alle gedeihen.

Auf dem Markt

Nach dem kulturellen/spirituellen Teil wird für das leibliche Wohl gesorgt. Es geht auf den Markt. Hier gibt es in Bolivien ein sehr spannenden Brauch. Zu ihren Marktverkäuferinnen haben die Bolivianer ein sehr besonderes Verhältnis. Hat man sich einmal eine Verkäuferin, eine Casera, ausgesucht, ist es ein Unding je wieder zu einem anderen Casera zu gehen. Luigi geht sogar so weit und sagt: „Würde ich je zu einer Anderen gehen, würde die Erste wohl mein Haus niederbrennen.“ Ich glaube so schlimm ist es dann doch nicht, aber man versteht ein bisschen wie wichtig das Konzept hier ist. Übrigens, man darf seine Casera nicht gleich von Anfang an so nennen. Die Beziehung muss erst aufgebaut werden. Wenn es dann aber so weit ist, dann ist es aber auch ein Bund fürs Leben, der übrigens auch durch die Generationen weiter gereicht wird. Luigi hat seine Casera von seiner Mutter geerbt.

Ein weiterer toller Brauch ist „Yapa“ oder „Yapita“. Hat man sich nun eine Casera ausgesucht und die Beziehung ist gefestigt, gehört es zum guten Ton, bei jedem Einkauf nach Yapita zu fragen. Es bedeutet so viel wie „mehr“. Denn: Elf Äpfel sind bekanntlich besser als Zehn Äpfel. Je nach dem wie viel man einkauft, bekommt man eben eine Mandarine, einen Apfel oder auch mal eine Ananas dazu geschenkt. Wie gesagt, es gehört einfach mit dazu und ist wahrscheinlich schon im Preis mit einkalkuliert. Yapita funktioniert übrigens auch bei den frischen Saftständen auf dem Markt. Plötzlich hat man zwei Gläser Saft für den Preis von einem bekommen. Genial, oder?

Der Eingang zum Mercado Central
Die Saftläden 

Die Tunnel von Sucre

Eigentlich steht jetzt ein Park auf dem Programm, Luigi hat aber eine viel coolere Idee, wie er sagt. „Wollt ihr in den Park oder soll ich euch die andere location zeigen?“ Park klingt irgendwie ein bisschen langweilig. Wir entscheiden uns einstimmig Luigis spezial Ort. Also auf geht es in den Stadtbus, der uns ein paar Stationen den Berg hochfährt. An einer Straßenecke scheucht er uns alle wieder raus und kurze Zeit später stehen wir vor einem rosa Stadtschloss. Hier hat früher ein reiches Ehepaar gelebt, dass Prinz und Prinzessin genannt wurde. Die beiden haben über die Jahre ziemlich viele Kinder adoptiert. Eigentlich eine tolle Sache, dachten sich die Sucreianer, bis sie den Skandal auf gedeckt haben. Die Kinder wurden nämlich alle heimlich versklavt und in die Minen in Potosí geschickt um das „Prinzenpaar“ noch reicher zu machen. Das ist aber gar nicht der Grund warum wir hier sind.

Ich muss kurz ein bisschen ausholen. In der Innenstadt von Sucre gibt es 19 Kirchen. Alle Kirchen haben Fluchttunnel die unterirdisch mit einander verbunden sind und irgendwo oben am Berg enden. Die Spanier hatten sie gebaut, für den Fall dass sie bei einer Revolution der Bolivianer mal heimlich flüchten müssten. Den Ausgang der Tunnel hat man erst vor ein paar Jahren gefunden und nur wenige Leute wissen wo er ist. Luigi weiß es – der Ausgang ist nämlich auf dem Grundstück des rosa Schlosses. Und in diesen Tunnel gehen wir jetzt rein. Ein ungesicherter Tunnel aus der Kolonialzeit mitten in Bolivien – ne wenn das mal keine gute Idee ist. Wir kriechen bis zur ersten Kreuzung vor, da hält Luigi an und erzählt uns dass es unglaublich viele Abzweigungen und Biegungen gibt. Er selbst ist mal mit ein paar Freunden hier rein gekrochen. Noch gibt es keine Karte von den Gängen und sich zu verlaufen ist an der Tagesordnung. Vor ein paar Jahren ist wohl auch mal jemand verschollen. So cool so ein alter Tunnel mit seinen Geschichten doch ist, bin ich doch froh wieder ans Tageslicht zu kriechen.

Luigi und Hanno im Tunnel

Auf einen Drink

Nach dem kleinen Abstecher Untertage führt uns Luigi in eines der ältesten Wohngebiete von Sucre. Die weißen Häuser stammen noch von den Spaniern aus der Kolonialzeit und dürfen nur renoviert, aber nicht verändert werden. Es ist total ruhig hier, ganz anders als unten in der Stadt, eben weil es ein reines Wohngebiet ist. Die Mieten sind extrem hoch und das Viertel eignet sich nicht um hier Geschäfte zu eröffnen. Wir gehen links und rechts und stehen plötzlich vor einem Garagentor. Dahinter befindet sich ein kleiner Hof von dem rechts eine Tür in eine Hinterhofkneipe führt. Viel bolivianischer wird es wohl nicht.

Da gerade der Copa Americana läuft und heute auch noch Bolivien gegen Peru spielt, ist der Fernseher natürlich an und alle Stühle in dessen Richtung gedreht. Das Spiel hält die Frau am Ecktisch aber nicht davon ab, die Jukebox auf voller Lautstärke spielen zu lassen. (Irgendwann kommt einer der Männer herüber und dreht den Regler etwas leiser.) Wir werden nett begrüßt und dann in Ruhe gelassen. Luigi bestellt Chicha während wir uns um einen Tisch platzieren. Der Chicha wird in einem Glas serviert, das die Form eines Frauenkörpers hat. „Das wird traditionell immer so gemacht,“ erklärt Luigi. „Man sagt, als Baby bekommt man Muttermilch, die macht einen stark und gesund. Als erwachsener trinkt man Chicha, das macht einen auch stark und gesund.“ Aha.

Toooor!!!

„Aus was besteht Chicha eigentlich“, frage ich. „Das erzähle ich euch gleich.“ Und gießt jedem eine Portion in kleine Kokosnussgefäße (auch eine Tradition, weil man früher nichts anderes hatte.) Dann heißt es Prost, aber bevor wir trinken, wird erst ein Schluck auf den Betonboden der Bar gekippt – für Pachamama. Das Zeug schmeckt recht eigenwillig, etwas süß, mit einem bitteren Nachgeschmack, aber hauptsächlich nach Mais. „Wollt ihr wissen wie Chicha gemacht wird?“ Na klar wollen wir das. „Man nimmt eine Handvoll Mais in den Mund, zerkaut ihn und spuckt ihn in eine Schüssel. Das macht man bis die Schüssel voll ist. Dann wird Zucker darüber gekippt und der Brei fermentiert, dank der Spucke. Später, wenn alles alkoholisch genug ist, wird die Flüssigkeit ein bisschen mit Wasser verdünnt und fertig ist Chicha. Man weiß übrigens nie genau wieviel Alkohol gehalt er hat. Irgendwas zwischen 4% und 18%“ Wir schauen alle ein bisschen ungläubig aus der Wäsche, aber das große Auflösen des vermeintlichen Witzes bleibt aus. „Ne, das ist wirklich wahr, so wird Chicha gemacht.“ Naja, darauf noch ein Glas. Prost!

Prost

Schule

Als letzte Station nimmt uns Luigi noch mit nach Recoleta. Von hier hat man einen tollen Blick über Sucre. Es ist kurz nach 18 Uhr, aber der Platz ist voll mit Kindern in Schuluniform. „Haben die noch Sport oder so?“ „Ne, das ist die Abendschule. Die Kinder hier gehen in Schichten zur Schule; morgens, mittags und abends.“ So können Sie zum Beispiel morgens ihren Eltern im Laden oder Restaurant aushelfen und trotzdem noch zur Schule gehen. Ich finde das Konzept toll. Ohne das Schichtensystem würden wahrscheinlich viel weniger Kinder eine Schulausbildung bekommen. Später, auf dem Weg zurück zum Startpunkt, erzählt Luigi dann auch ein bisschen von der Uni. So gut das Schulsystem sein mag, so korrupt scheint es in der Uni zu zugehen. Er erzählt unter anderem von Lehrern die ihr Gehalt einstecken und genau einmal zum Unterricht erscheinen, nämlich am letzten Tag um die gewünschten Noten zu verteilen.

Man weiß übrigens nicht genau wann die Stadt gegründet wurde. Die Gründungsurkunde ist irgendwann verloren gegangen, als während des Krieges mit Paraguay die Flüchtlinge von den Dörfern in den Büchereien und Schulen untergebracht wurden. Es war wohl extrem kalt und um warm zu bleiben hat man Lagerfeuer gemacht – mit den Büchern. Man glaubt aber dass es Ende September 1538 war. Gefeiert wird am 29.9. Grund ist die Yakaranda Blüte, die dann stattfindet und die, laut Überlieferungen, der Grund war, weshalb die Spanier sich hier niedergelassen haben. Es muss unfassbar schön aussehen.

Ein bisschen versackt

Abends sind wir dann noch, ungeplant, mit Jan und Eileen ein bisschen versackt, aber man muss die Feste feiern wie sie kommen. Auch wenn es morgen weiter nach La Paz auf 4000 Meter Höhe geht. Eigentlich ein bisschen schade, denn Sucre hätten wir gerne noch etwas weiter erkundet. Die Stadt ist wirklich wunderschön.

Unsere Unterkunft

AirBnB Condor View für 17 €/Nacht

Carola
1 COMMENT
  • Gabriele Simons
    Antworten

    wunderbar

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