Hué die alte Kaiserstadt
Weltreise Tage 121-122 (01.03-02.03)
Ich stehe in der verbotenen purpurnen Kaiserstadt und weiß nicht so recht wo ich hinlaufen soll. Schilder gibt es nur wenige, dafür reichlich Touristengruppen, gut zu erkennen an den Führern die vorneweg mit ihren Fahnen laufen und sich immer wieder umblicken um zu überprüfen, dass auch alle ihre Schäfchen noch da sind. Ich beschließe mich einfach treiben zu lassen und es zieht mich in die hinteren Ecken der alten Kaiserstadt. Hier sind nur wenige Menschen und man kann die alten Gemäuer in Ruhe genießen. Ist eigentlich auch egal, wenn es hier kaum Info Tafeln gibt, denke ich mir, das meiste hätte ich abends sowieso wieder vergessen. Dann lieber nur rumlaufen und genießen…
Aber zurück zum Anfang und unserer Anreise nach Hué. Mit dem Zug SE7 der vietnamesischen Wiedervereinigungsbahn fahren wir 12 Stunden in den Süden. Wir wollten unbedingt mal den Zug in Vietnam ausprobieren. Wir hatten schon oft gehört, dass es komfortabler ist als das lange Fahren in den Liegebussen (die werden nämlich auch für Fahrten am Tag eingesetzt) außerdem sind wir noch am überlegen von Hoi An mit dem Nachtzug nach Saigon zu fahren und das wäre auch in diesem Zug. Es ist also eine Art Erkundungsfahrt. Und wir erkennen schnell: Wir haben mal wieder im Transport-Lotto verloren.
Das der SE7 keiner der renovierten Züge sein würde, war uns klar. Auch das wir uns in Asien befinden und alles etwas schmuddelig ist. Allerdings konnte ja keiner ahnen, dass gefühlt alle Fahrgäste im Abteil krank waren und die 12 Stunden Fahrt lang von einem wunderbaren Konzert aus husten, niesen, röcheln und schniefen begleitet wurden. Dazu kommt natürlich noch das offizielle On-Board Entertainment System bestehend aus 2 Fernsehern und mehreren Lautsprechern die etwa alle halbe Stunde Werbefilmchen in ohrenbetäubender Lautstärke zeigten. Es war ein Albtraum. Dazu kommt noch, dass es Hanno zunehmend schlechter ging und er die ganze Fahrt mit Übelkeit und seinen Nebenhöhlen zu kämpfen hatte.
Bei unserer Ankunft sind wir uns übrigens einig: Wir werden auf keinen Fall eine ganze Nacht im SE7 verbringen. Lieber würden wir den ganzen Weg laufen. So weit wird es aber zum Glück nicht kommen, denn wir beschließen uns etwas zu gönnen – nämlich einen Flug für 60 € pro Person.
Lotto Hauptgewinn
So sehr die Fahrt ein Albtraum war, so sehr ist das Hotel La Perle ein Traum. Wir werden mit einem riesigen Obstteller begrüßt und dann aufs Zimmer begleitet. Es ist sauber, modern und nichts ist kaputt. Wir sind im Himmel. Der Besitzer ist übrigens ein in Dresden lebender Vietnamese und hat von dort wohl so einiges deutsches mitgebracht. Unter anderem wird hier nämlich auch Müll getrennt und in der Lobby steht sogar ein Behälter für benutzte Batterien. Wir genießen noch schnell das sauberste Bad unserer Reise und gehen dann geschafft ins Bett. Hanno leider auch schon ziemlich krank – Magen Darm hat sich zu der Sinusitis gesellt.
Der nächste Morgen
Hanno geht es immer noch nicht besser und er muss sich eingestehen, dass Sightseeing heute wohl nicht die beste Entscheidung wäre. Ich werde also den Tag alleine in der Stadt verbringen, viele Bilder und Videos machen und ihm später alles erzählen. Aber erst mal Frühstück. Denn das ist auch mit im Zimmerpreis inbegriffen. Wie in vielen Hotels in Asien ist es ein a la carte Frühstück. Normalerweise wählt man ein Gericht und ein Getränk aus. Hier darf man aber wählen so viel man möchte. Echt toll! Für Hanno die reinste Qual, denn mehr als Toast mit Banane geht bei ihm heute nicht.
Zu Besuch beim Kaiser
Nach dem Frühstück schnappe ich mir die Kamera und ein Fahrrad und radele los. Die Kaiserstadt ist auf der anderen Seite vom Parfum Fluss (warum er so heißt, habe ich bis heute nicht herausfinden können). Sobald man durch den ersten Verteidigungswall gefahren ist, stehen da auch schon die Aufpasser mit ihren Trillerpfeifen und man wird pfeifenderweise zu den Parkplätzen gelotst. Dann nach ein Eintrittsticket für 150,000 Dong (ca. 6 €) kaufen, schon kann ich mich mit den hunderten anderen Touristen durch die Drehkreuze schleusen und stehe mitten in der Zitadelle, der verbotenen purpurnen Stadt. Hier hat früher der Kaiser gelebt. Heute drängen sich die Tour Gruppen dicht an dicht. In dutzenden Sprachen wird die Geschichte der Kaiserstadt erzählt die ab dem 18. Jahrhundert hier erbaut wurde. Es gibt wenig Beschilderung und so genieße ich es, mich einfach etwas treiben zu lassen und mir die alten Häuser anzusehen.
Einmal Kaiser sein
So entdecke ich auch die wunderbare Kleiderkammer voller schöner Roben. Hier handelt es sich nicht etwa um alte Kleidung aus den verschiedenen Dynastien. Nein, es sind alles Kostüme. Denn man kann sich für ein paar Hunderttausend Dong als Kaiser oder Kaiserin verkleiden und in der eigens dafür eingerichteten Thronhalle ein Erinnerungsfoto schießen lassen. Wer möchte kann noch etwas mehr ausgeben und noch ein paar verkleidete Bedienstete mit aufs Bild nehmen. Danach können die Kostüme natürlich auch erworben werden. Was mich am meisten wundert (Moment, wir sind in Asien, mich wundert gar nichts) die Schlange ist lang! Jeder will mal Kaiser sein.
Ganz hinten in der Ecke
Wie so oft bei großen Sehenswürdigkeiten, tummeln sich die meisten Leute in der Nähe des Eingangs, der Toiletten und der Snack Bars. So ist es auch diesmal. Je weiter ich mich in die hinteren Ecken der Kaiserstadt begebe, desto weniger Menschen sind unterwegs. Irgendwie ist es auch mal ganz schön, nicht überall irgendwelche Infotafeln zu sehen. Wenn es welche gibt, fühle ich mich immer verpflichtet, sie auch zu lesen. Hier gibt es einfach mal keine also kann ich mich ganz ohne schlechtes Gewissen treiben lassen, mir die Gebäude und die hübschen Verzierungen ansehen, den See und die schönen Gärten durch schlendern. Ob sie jetzt aus dem 18. oder 19. Jahrhundert stammen ist ja irgendwie auch egal. Alt ist alt.
Zwei Schilder finde ich dann aber doch noch. Die erste Infotafel erklärt mir, dass der ummauerte Gebäudekomplex vor mir früher die Wohngebäude und Gärten der Kaiserin Mutter waren. Eine schöne Anlage mit privatem überdachten Gang in die Zitadelle. Echt schick, denn wer den Kaiser zur Welt gebracht hat, der hat auch was schickes verdient. Die zweite Infotafel steht vor einem weiteren ummauerten Gebäudekomplex mit noch größerem Garten. Gebaut wurde er als Lustgarten für die Kaiserin Mutter. Anfang des 20. Jahrhunderts ließ der damalige Kaiser alles umbauen, denn er brauchte eine Unterkunft für seine zweite Frau. Da musste Mutti halt auf ihren zweiten Lustgarten verzichten. Aber ist auch nicht so schlimm, denn sie hatte ja noch einen bei sich direkt vor der Tür. Mit diesem wunderbaren neuen Wissen habe ich dann auch beschlossen, dass es nicht besser werden kann und begebe mich auf die Suche nach dem Ausgang. Was gar nicht so einfach ist, da es auch hier an Schildern mangelt und ich gefühlt noch mal durch die ganze Anlage laufe um endlich ein offenes Tor zu finden das mich nach draußen bringt. Natürlich auf der gegenüberliegenden Seite meines Fahrrads. Ach egal, sind ja nur 32 Grad und es ist mal wieder Mittagssonne.
Erledigungen
Da wir sowieso noch ein Zugticket für morgen brauchen, nutze ich die Mittagshitze um mich ein bisschen in der Schlange vorm Ticketschalter im Bahnhof anzustellen. Dieses Vergnügen durfte ich dank einer sich vordrängelnden vietnamesischen Oma auch noch etwas auskosten.
Der Schwaben-Spartrick hat sich übrigens wieder voll gelohnt. Wir haben für ein Ticket jeweils 90.000 Dong (3,50 €) gezahlt, während die Preise im Internet bei 15 € pro Ticket für genau den gleichen Zug liegen! Es ist wirklich unglaublich, ein absolutes Schnäppchen. Ich bin mal wieder begeistert. Außerdem bekomme ich 2 der letzten 3 noch verfügbaren Plätze. Jetzt muss Hanno morgen nur wieder fit genug sein…
Die Fahrt die zweimal bergab ging
Da man sich, wenn man schon mal in Hué ist, auch zumindest eines der Kaisergräber ansehen sollte, fahre ich noch zum Grab von Kaiser Khai Dinh. Es soll das Imposantere der beiden Gräber in Hué sein und zum Glück auch das Nähere. Die 7,6 km lange Strecke bin ich gefühlt fast nur bergab geradelt, was mich die ganze Zeit daran denken lässt, dass ich den Weg ja auch wieder zurück radeln muss, dann halt nur bergauf. Eigenartigerweise radele ich auf dem Rückweg auf der gleichen Strecke wieder gefühlt die ganze Zeit bergab. Wie das sein kann, weiß ich nicht, ist mir aber auch egal…
Khai Dinhs Grab
Die Grabanlage ist riesig. Sie haben elf Jahre daran gebaut und Khai Dinh hat es fünf Jahre vor seinem Tod selbst in Auftrag gegeben. Es gibt einige Höfe, viele Treppen und viele Statuen die da so rumstehen. Ganz oben ist dann die Grabkammer. Alles glänzt und funkelt und es protzt vor Gold und Bronze. Auf seinem Sarg, sitzt er dann, der Kaiser, natürlich in Gold. Mich hat besonders die Größe des Mausoleums beeindruckt. Wie selbst verliebt muss man sein um sich ein Denkmal von solchen Ausmaßen zu bauen? Kein Wunder, dass er bei seinen Leuten nicht so beliebt war. Sein eigenes Geld hat er für den Bau bestimmt nicht genommen. Vielleicht tue ich ihm auch Unrecht und so war es gar nicht. Leider stand auch hier wenig an Informationen rum. Mir hat mein Ausflug jedenfalls gefallen.
Probierschluck
Als ich am Nachmittag zurückkomme, gönne ich mir erst mal ein eine Mango vom kostenlosen Obst Buffet. An Obst und Säften kann man sich nämlich den ganzen Tag über bedienen. Außerdem steht da eine ganze Reihe von schönen Glasbehältern die alle verschiedene Obstsorten enthalten und mit einer Flüssigkeit gefüllt sind. Saft oder Limo denke ich mir und frage ob ich probieren darf. Hier steht ja schließlich auch ein Schild davor auf dem „kostenlos“ steht. Der Kellner gibt mir ein kleines Shotglas. Ich wundere mich noch kurz, denke dann aber, das ist bestimmt damit die Leute sich nicht zu viel einschenken und es dann stehen lassen. Als erstes probiere ich Maulbeeren, mache das Glas schön voll und gönne mir einen ordentlichen Schluck. Meinen Blick hätte ich gerne gesehen als ich das Zeug runterschlucke. Denn Saft ist es nämlich nicht. Es sind Obstschnäpse! Bestimmt 20 verschiedene Sorten selbst gemachter Schnäpse stehen hier zum kostenlosen Verzehr rum. Echt krass! Da es aber gerade mal 15:30 Uhr ist belasse ich es bei dem einen Schluck und lehne einen weiteren Probierschluck dankend ab.
Abends in Hué
Das Abendessen ist für mich eher eine einsame Sache, denn Hanno geht es noch nicht besser und ihm ist immer noch übel. Da verschwinde ich zum Essen lieber nach draußen, damit ihn die Essengerüche nicht umhauen. Da wo ich eigentlich hinwollte muss ich 30 Minuten auf einen Tisch warten. Das ist mir zu viel, also irre ich lieber durch die Straßen und suche was Neues. Das dauert dann auch ne halbe Stunde und ich hätte auch schön bei Madam Thu warten können. Na egal. So finde ich irgendwann direkt bei uns ums Eck einen Streetfoodladen, der sich auf genau das spezialisiert hat, was ich gesucht habe. Nämlich Bun Thit Nuong: Nudeln mit Salat, Karotten, Papaya, Kräutern und gebratenem Schweinefleisch. Dazu gibt’s eine Erdnusssoße. Es ist super frisch und lecker und es kostet mich nur 30.000 Dong (ca. 1,20 €)
Der nächste Morgen
Nur kurz zur Info: Hanno fühlt sich heute morgen schon fast wieder menschlich und ihm ist fast gar nicht mehr schlecht. Die Fahrt nach Danang wird also keine zu große Tortur. Davon aber das nächste Mal mehr.
Unsere Unterkunft
2 Nächte im Hotel La Perle für 19 € pro DZ/Nacht