Havana, ooh na-na

Havana, ooh na-na

Weltreise Tage 321-323 (19.09-21.09)

Die sechs Packungen Barilla Nudeln, fünf Dosen grüne Bohnen und 4 Pakete Milchpulver sind fein säuberlich in den Regalen aufgestellt, wie in einer Luxus Boutique auf der Pariser Champs Elysee. Wir stehen in einem Supermarkt, der eher an alte Tante Emma Läden erinnert als an einen Edeka. Es gibt einen Tresen. Davor tummeln sich die Käufer, dahinter die Verkäufer. Man verfolgt hier kein neues Luxus Verkaufskonzept. Mehr gibt es heute einfach nicht zu verkaufen. Wir sind mitten in Havanna.

Wir sind wieder da

Nachdem wir unser neues Zimmer im Casa Telefonica bezogen haben und erst ein mal aufgeregt diverse Dachterrassen vor unserem Zimmer getestet haben (wir haben nämlich zwei, eine private und eine für alle Gäste), geht es gegen Mittag auf Nahrungssuche. In Havanna sind wir auf Restaurants angewiesen, Supermärkte oder ähnliches gibt es nicht und irgendwie fühlen wir uns auch nicht wohl, den Kubanern das bisschen an Lebensmitteln was sie haben, weg zu kaufen. Die Restaurants werden vom Staat unterstützt, wenn sie für Touristen kochen. Wir wollen unbedingt in ein privates Lokal, denn so viel haben wir inzwischen gelernt: Wenn etwas auf Kuba im privaten Besitz ist, geben sich die Leute Mühe. Die staatlichen Einrichtungen (wie auch das Hotel in Varadero) sind nicht besonders gut.

Unser Blick von der privaten Terrasse
Kurz mal entspannen

Auf Kuba funktioniert unsere normale Taktik, vorab im Internet nach Restaurants und Rezessionen zu schauen, nicht. Wir haben zwar Wlan aber das ist eher ein Witz. Also greifen wir auf traditionellere Methoden der Nahrungsauswahl zurück. Je weniger Touristen und je mehr Einheimische irgendwo sitzen, desto authentischer das Essen. Wir werden ziemlich schnell fündig. Im Happy House, einem kleinen Laden mit nur vier Tischen sitzen zwei locals „Kommt nur rein, hier gibt es ungelogen das beste Ropa vieja von ganz Havanna.“ Na gut, dann mal los. Ropa Vieja ist übrigens pulled beef und wir werden es noch ein paar mal die nächsten Tage essen. Die Gerichte Vielfallt in Kuba hält sich nämlich in Grenzen. Man bekommt, Fisch oder Fleisch mit Reis, Bohnen, Süßkartoffel und Avocado, oder Pizza und Burger. Ab und zu verirrt sich noch ein Salatblatt oder eine Tomate auf den Teller, aber das wars. Mehr gibt es auf Kuba einfach nicht zu kaufen.

Offiziell gibt es hier keine Coca-Cola, also trinken wir Tukola…
…und Cachito

Das Essen ist wirklich gut und in den nächsten Tagen wird es unser Stammladen. Das Hanno mit Brad Pitt verglichen wird, hilft natürlich immens um aus dem Lokal seinen Lieblinsladen zu machen…Da wir keine Ahnung haben wie wir ohne Supermärkte an Wasser kommen, kaufen wir hier im Restaurant gleich zwei große Flaschen und trotten zurück ins Hostel. Wir haben ja viel Zeit und lassen es erst einmal langsam angehen.

Die letzten sechs Tage All-Inclusive haben unsere Mägen schon ganz schön verwöhnt und gegen Abend verlangen sie nach Abendessen. Auf ein zweites Mal Ropa Vieja an einem Tag haben wir beide keine Lust, also gibt’s Pizza zum mitnehmen. Schon wieder Essen gehen muss nicht sein und außerdem haben wir einen USB Stick mit ein einigen Filmen im Fernseher entdeckt und ein paar davon sind sogar auf Englisch! Ganz schön modern dieses Kuba.

Eier zum Frühstück

Der Morgen beginnt gut, das Frühstück im Casa ist ziemlich üppig. Es gibt Obst, Brötchen, Butter, Eier nach Wahl (sogar Omelett mit Schinken und Käse), frischen Saft und Kaffee mit Milch. Während wir uns stetig einen Weg durch den Obstberg bahnen kommen wir mit unseren Tischnachbarn, zwei Australiern, ins Gespräch. Die beiden können kein Spanisch und die nette Frühstücksdame spricht kein Englisch. Nachdem ich mich nach guten fünf Minuten Sprachunverständlichkeit einmische und den Wunsch nach Milch und Rühreiern übersetzte quatschen wir noch ein bisschen. Nach dem üblichen „Wo kommt ihr her?“ und „Wie lange reist ihr schon?“ erzählen sie uns dass sie eine Free Walking Tour hier in Havanna gefunden haben. Perfekt! Da hängen wir uns doch gleich mit dran, reservieren vier Plätze und verabreden uns für 16 Uhr im Parque Central, da geht’s nämlich los.

Ziellos umherlaufen

Den Vormittag verbringen wir damit uns ziellos durch die Straßen und Gassen treiben zu lassen um einfach mal ein Gefühl für die Stadt zu bekommen. Sie ist nämlich anders als jede andere Stadt in der wir je waren. Alles ist alt, kaputt und runtergekommen. Trotzdem hat alle seinen Charme, was einerseits an den prachtvollen Kolonialhäusern liegt, deren Schönheit man immer noch erahnen kann, und anderseits mit dem karibischen Wetter zu tun hat. Läge Havanna irgendwo im Norden von Russland bei ständigem Nieselregen um die 10 Grad, würde die Welt ganz anders aussehen, aber hier in der Karibik sieht man Havanna immer noch an, was für eine stolze Stadt sich hinter den Fassaden verbirgt.

Die vielen tollen, renovierten und auf Hochglanz polierten Oldtimer helfen da natürlich auch immens. Sie fahren in allen Farben des Regenbogens durch die Stadt und sorgen ordentlich viele Farbklekse.

Free Walking Tour

Nach ein paar Stunden Mittagspause im kühlen Zimmer stehen wir um Punkt 16 Uhr im Parque Central. Wir sind sogar 10 Minuten zu früh, weil wir eigentlich noch einen Snack auf dem Weg kaufen wollten. Wir müssen allerdings schmerzhaft feststellen, dass das Konzept „To-Go“ noch nicht wirklich in Havanna angekommen ist, also geht es hungrig auf Tour. Ob das mal gut geht?

Außer uns kommen nur noch die beiden Australier mit und so haben wir fast eine private Führung durch Havanna. Man könnte sich fragen, ob es so clever ist, in einem Land wo das Internet noch in den Kinderschuhen steckt, seine Touren über genau selbiges zu inserieren…für uns bedeutet das aber heute ‚ne Privattour, also äußern wir unsere Bedenken nicht zu laut.

Wir haben uns für die Tour in Old Havana entschieden und da gehen wir jetzt mit Ernesto auch hin. Naja, fast…wir laufen auf dem Paseo del Prado in Richtung Meer. Er ist die Grenze zwischen Old und Centro Havana und ist so ein bisschen wie die Flaniermeile von Havanna. Als das Meer vor uns liegt sehen wir auch die drei! Forts die früher mal die Stadt verteidigt haben. Heute sind es eher Ruinen, aber eine wichtige Aufgabe hat die Festigungsanlage La Cabana auch heute noch. Jeden Abend um 21 Uhr wird einen Kanonenschuss abgefeuert, und das schon seit über 200 Jahren. Früher waren es mal zwei Schüsse pro Tag, um den Bewohnern mitzuteilen, dass die Stadttore und die Hafeneinfahrt jetzt offen, bzw. geschlossen sein würden. Heute nutzen die Habaneros den Schuss um zu überprüfen ob ihre Uhren auch richtig gehen…

Nach der Geschichte mit den Forts geht’s rechts rein und wir sind mitten drin in Old Havana. Links liegt der Kreuzfahrtterminal, den man seit Juni 2019 eigentlich schon den „alten Kreuzfahrtterminal“ nennen kann, denn so sieht er aus. Seit Juni dürfen nämlich keine US Kreuzfahrtschiffe mehr in Havanna anlanden – das hat Donald Trump beschlossen. Wie das mit den deutschen ist, weiß ich nicht genau, aber es sieht nicht so aus als wären in letzter Zeit viele Schiffe hier am Terminal angekommen.

In Old Havana führt uns Ernesto von einer kleinen Gasse in die nächste erzählt viel über die Geschichte und zeigt uns tolle Ecken, die wir sonst nicht gesehen hätten. Hannos Highlight war das Hotel Ambos Mundos hier hat Ernest Hemingway nämlich gewohnt als er in Havanna gelebt hat – im Zimmer 511. Das ist heute ein Museum in das man nicht so ohne weiteres reinkommt, aber in der Lobby gibt es die öffentlich begehbahre Hemingway Ecke – angeblich der Ort an dem er immer seine Mojitos getrunken hat, während er über „Der alte Mann und das Meer“ nach gedacht hat. Die Dachterrasse vom Hotel ist allerdings auch nicht zu verachten und da machen wir jetzt eine kleine Pause und gucken runter.

Mein Highlight ist direkt am Plaza de Armas. Hier hat nämlich früher mal ein Gouverneur mit seiner Frau gelebt, die einen sehr leichten Schlaf hatte. Der Plaza war, wie fast alle Straßen mit Kopfsteinpflaster belegt und die Hufe der Pferde machten da natürlich einen Höllenlärm. Die arme Frau Gouverneur konnte da einfach nicht einschlafen. Was macht also der nette Mann? Er lässt auf Staatskosten das Kopfsteinpflaster vor seiner Stadtvilla rausreißen und lässt Holzfliesen verlegen, die sind nämlich leiser, und siehe da – ab jetzt schlummert seine Frau jeder Nacht selig vor sich hin. Wenn man so da drüber läuft, fällt es erst gar nicht auf, das Holz sieht fast aus wie Stein, aber es ist wirklich bemerkenswert leise. Echt ziemlich cool – und von der UNESCO geschützt. So was hab ich vorher noch nie gesehen gehabt.

Die Holzfliesen von Havanna

Nach über drei Stunden ist unsere Marathon-Tour dann zu Ende und wir sind ziemlich durch, ganz schön warm hier in der Karibik – außerdem haben wir Hunger! Wie gesagt, die kulinarischen Highlights sucht man hier vergeblich, uns reichen faire Preise und gute Hausmannskost und wir landen, ohne viel absprechen zu müssen, wieder im „Happy House“. Ropa Vieja und Hühnchen in Knoblauch, natürlich mit den obligatorischen Reis und Bohnen, werden bestellt und dann freudig erwartet. Wir nehmen dann noch zwei große Wasser mit und ab geht’s zurück ins Hostel. Das Bett ruft.

Zu den Klängen der Domino spielenden Männer unten auf der Straße (scheint hier so was wie ein Nationalsport zu sein) schlummern wir gerade so weg, als plötzlich, gefühlt direkt neben unseren Köpfen, eine Flex angeschmissen wird. Ist doch klar, um 22:35 Uhr kann man ja mal anfangen ein bisschen Metall zu flexen. Da es anscheinend völlig normal zu sein scheint und zu unserem Leidwesen keiner unserer Nachbarn aus dem Fenster schreit, dass man das Ding ausmachen solle, greifen wir zu unseren Oropax und schlafen einfach weiter.

This is Cuba! – ein Leitsatz für alles verrückte dass sich in diesem Land abspielt, wie wir in den nächsten Tagen noch erfahren sollten.

Der Mann hat Swag. Er hat gesehen dass ich ihn bewundert habe und mich eingeladen ein Foto zu machen.
Der Plaza Vieja…
…mit der skurrilsten Statue die ich je gesehen habe. Sie soll die Macht darstellen, die Frauen (mit ner Gabel in der Hand) über die Männer (die Gockel) haben. Warum die Frau dabei nakt sein muss, weiß ich nicht…
Es gibt einen Tunnel in Havanna, da dürfen keine Zweiräder durchfahren, also steigen sie vorher in den Bus ein…

Eier zum Frühstück

Auch dieser morgen beginnt mit Obst, Brot, Butter, Kaffee, Saft und Eiern zum Frühstück. Heute gibt es allerdings Guava- statt Orangensaft und Spiegeleier statt Omelett. Nur das Brot, das ist das gleiche weiße Pappbrot wie am Vortag. In ganz Havanna gibt es nämlich nur eine Sorte Brot – weißes Pappbrot – das haben wir gestern schon in einer Bäckerei gesehen. Was anderes wird hier anscheinend nicht gebacken.

Vom Flanieren und der Kunst

Heute stehen ein Outdoor Kunstmarkt und das Revolutionsmuseum auf dem Programm. Da es aber Vormittags ein bisschen regnet, geht es erst Mittags los – schön zur Mittagshitze, wie sich das gehört (das Konzept der 12 Uhr Hitze werden wir wohl nie lernen.) Auf dem Paseo del Prado, der Flaniermeile zwischen Centro und Old Havana, ist jeden Samstag Kunstmarkt. Hier stellen nicht nur lokale Künstler ihre Werke aus, hier gibt es auch überall Tische wo Hobbykünstler mit Buntstiften, Wachsmalstiften und manchmal sogar Wasserfarben ihre ersten Malversuche starten können. Echt ein schönes Konzept. Es ist nicht überfüllt aber gut besucht und unter den Bäumen auch gar nicht mal so warm.

Der Paseo del Prado

Zu den „Cacahuete“ Rufen des Erdnussmannes, der seine Ware feilbietet und sehr entschlossen mit der gleichen Geschwindigkeit wie wir, den Paseo entlang läuft, schlendern wir den Kunstmarkt entlang, in Richtung Revolutionsmuseum. Kurz vorm Ziel öffnet der Himmel dann seine Schläusen und der Rest des Weges ist weniger ein entspanntes Flanieren als ein „von Dach zu Dach“ hüpfen, aber wir schaffen es mehr oder weniger trocken ins Museum.

Ein bisschen Propaganda am Nachmittag

8 € pro Person leichter erklimmen wir wenig später die Treppe in den ersten Stock, begleitet von den Klängen von Opern und kubanischen Volksliedern – live gesungen versteht sich. Heute wird nämlich im großen Saal ein Konzert gegeben. Eine schöne musikalische Untermalung die uns durch das Museum begleitet und die konfuse und voller Propaganda geladene Ausstellung noch ein bisschen skurriler macht, also sie sowieso schon ist.

Das Gebäude wird gerade renoviert, also hat man die Exponate scheinbar ohne Sinn, Verstand und jegliche Ordnung einfach irgendwie in die verbliebenen Räume und Flure gestellt. So richtig wissen wir nicht wo der Anfang ist, also fangen wir einfach an – irgendwo in der Mitte. Viel Geschichtliches erfahren wir nicht, dafür können wir auf jeder Tafel lesen was für großartige Menschen die Revolutionäre waren und was Kuba seit der Revolution alles geschafft hat. Es ist schon spannend solche Propaganda Tafeln mal „in echt“ zu lesen. Man versteht ein bisschen besser wie das sozialistische System hier funktioniert, wie es auf Propaganda aufgebaut ist um das Volk ruhig zu halten.

Auch wenn das Museum an sich jetzt nicht besonders hilfreich war um die Revolution besser zu verstehen, fand ich es super interessant die ganzen Propaganda Texte mal aus erster Hand zu lesen. Und die musikalische Untermalung war auch nicht schlecht! Wir haben uns dann später im Zimmer mit unserem schrecklich langsamen Internet verbunden und auf Wikipedia den Artikel über die kubanische Geschichte im allgemeinen und die Revolution im besonderen durch gelesen…

Da sind sie, die Jungs
und hier das Revolutionsmuseum, komplett mit Panzer.

Auf dem Rückweg zum Hotel schafft es Hanno dann übrigens noch fast einer Gruppe Kindern ihr Räuber und Gendarm Spiel zu ruinieren. Eigentlich wollte er die Kinder nur fröhlich grüßen und ein bisschen Quatsch mit ihnen machen, dummerweise waren sie gerade auf Verfolgungsjagd und eines der Mädchen bedeutet ihm sehr energisch dass er ruhig sein soll um sie nicht zu verraten… Da will man einmal nett sein…

Burger zum Abendessen

Ich hatte ja schon erwähnt, dass die kulinarische Vielfallt hier ziemlich beschränkt ist. Auf Reis und Bohnen haben wir heute Abend keine Lust, Wir laufen erst einmal etwas ziellos umher, vielleicht kommt uns doch noch die große kulinarische Eingebung, landen dann aber doch auf dem Plaza Vieja bei Pizza und Burger. Um nicht komplett der amerikanischen Küche zu verfallen, gibt’s als Vorspeise gefüllte, gebackene Kochbanane und zwei Mojitos.

Unsere Unterkunft

2 Nächte im Casa Telefonica für 50€/Nacht

Carola

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